Empfehlungen an das Parlament zur Herbstsession 2023

Jugendschutz in den Bereichen Film & Videospiele, Krisenzentren für Opfer von Gewalt, Analyse der Standards bei der schulischen Sexualaufklärung in der Schweiz – viel Wichtiges im Bereich Kindesschutz!

Kurzempfehlungen Nationalrat

20.3374 12.09.2023

Mo. Gugger: Unter 16-Jährige wirksam vor Pornografie auf dem Internet schützen

Erziehungsberechtigte von Kindern und Jugendlichen brauchen für deren Schutz vor Pornografie eine verstärkte proaktive Unterstützung vonseiten der Telekomanbieter.

Kinderschutz Schweiz empfiehlt, der Kommissionsminderheit zu folgen und der Motion zuzustimmen.

Die praktisch schrankenlos zugängliche Pornografie im Internet zeigt eine Sexualität, die mit der Realität meist wenig gemeinsam hat. Extreme Darstellungen verunsichern und stören die eigene sexuelle Entwicklung. Kinder und Jugendliche müssen vor solchen Inhalten geschützt werden. Die vom Ständerat geänderte Motion will die Telekomanbieter verpflichten, Erziehungsberechtigte auf wirksame Möglichkeiten und Tools hinzuweisen, die Jugendliche vor pornografischen Inhalten schützen. Damit diese wichtige Massnahme ihre volle Wirkung entfaltet, sollen Erziehungsberechtigte vonseiten der Anbieter proaktiv und wiederholt auf diese Schutzmöglichkeiten hingewiesen werden müssen.
22.4000 25.09.2023

Mo. Romano: Grundsätzliches Recht der Kinder auf alternierende Obhut

Nach einer Trennung oder Scheidung der Eltern muss das Kindeswohl in jedem Einzelfall das einzige Prinzip sein, nach dem die Modalitäten des Obhut festgelegt werden.

Kinderschutz Schweiz empfiehlt, die Motion abzulehnen.

Nach Schweizer Recht muss das zuständige Gericht oder die KESB bei gemeinsamer elterlicher Sorge der Eltern die Möglichkeit einer alternierenden Obhut prüfen, wenn ein Elternteil oder das Kind dies verlangt (Art. 298 Abs. 2ter und 298 b Abs. 3ter ZGB). Diese Entscheidung muss auf einer Abwägung aller Umstände beruhen, die ausschliesslich durch das Kindeswohl bestimmt wird, und darf nicht automatisch erfolgen – weder dafür noch dagegen. Jeder Einzelfall muss geprüft werden, wobei das Recht des Kindes, seine Meinung zu allen seine Person betreffenden Verfahren zu äussern und sich daran zu beteiligen, garantiert werden muss (Art. 12 KRK). Wie der Kinderrechtsausschuss feststellt, ist das Teilen der elterlichen Verantwortung zwar im Allgemeinen im Interesse des Kindes. Das einzige Kriterium, das berücksichtigt werden muss, ist aber das Kindeswohl.
22.4113 25.09.2023

Mo. Bellaiche: Chat-Kontrolle. Schutz vor anlassloser dauernder Massenüberwachung

Die EU will den dringend nötigen Schutz von Kindern vor Cyberpädokriminalität verbessern, sieht aber keine kontinuierliche Überwachung digitaler Kommunikation vor. Gegenmassnahmen sind nicht angezeigt.

Kinderschutz Schweiz empfiehlt, die Motion abzulehnen.

Das aktuelle Ausmass der sexuellen Gewalt, der Kinder weltweit im Internet ausgesetzt sind, ist unerträglich und steigt weiter an. So meldet fedpol 2022 eine markante Zunahme an Meldungen cyberpädokrimineller Inhalte (12 737 im Vergleich zu 7176 im Vorjahr) und rechnet für das Jahr 2023 mit einem weiteren Anstieg. Dies entspricht dem weltweiten Trend für Cyberpädokriminalität, die vor keinen Landesgrenzen haltmacht. Der Handlungsbedarf ist dringend und unbestritten. Es ist begrüssenswert, dass sich die EU des Problems annimmt und einen Vorschlag für eine Verordnung zur Prävention und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern diskutiert. Dass dieser unter anderem die Anbieter einschlägiger Dienste (insbesondere von Hosting- und Kommunikationsdiensten) vermehrt in die Pflicht nehmen will, indem er von ihnen eine Risikobewertung und Risikominderung verlangt, ist zum Schutz der Kinder richtig und wichtig. Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme festgestellt, dass dabei KEINE kontinuierliche, anlasslose staatliche Überwachung digitaler Kommunikation vorgesehen ist. Er beantragt deshalb zu Recht die Ablehnung der Motion. Kinderschutz Schweiz unterstützt diesen Antrag des Bundesrates, weil es, in der EU wie in der Schweiz, so unverzichtbar ist, Kinder endlich wirksam vor Cyberpädokriminalität zu schützen.
03.424 28.09.2023

Pa. Iv. Abate: Sexuelle Handlungen mit Kindern. Erhöhung des Strafmasses

Der Tatbestand umfasst eine grosse Bandbreite an Handlungen. Mit der Erhöhung des maximalen Strafmasses von fünf auf zehn Jahre werden Gerichte dem Umstand Rechnung tragen können, dass dieses Delikt für die Opfer eine lebenslange Belastung darstellen kann.

Kinderschutz Schweiz empfiehlt, der Kommissionsminderheit zu folgen und die Parlamentarische Initiative Abate nicht abzuschreiben.

Vor beinahe 20 Jahren hat der Nationalrat dieser parlamentarischen Initiative zugestimmt. In der Folge wurde die Frist zur Ausarbeitung einer Vorlage im Sinne der parlamentarischen Initiative wiederholt verlängert, denn die Erhöhung des Strafmasses für sexuelle Handlungen mit Kindern hat nichts an Bedeutung eingebüsst. Mit dem geltenden (und soeben revidierten) Strafrecht können zwar auch andere Straftatbestände mit höherem Strafmass zur Anwendung kommen, dennoch setzt die Umsetzung dieser parlamentarischen Initiative ein wichtiges Signal: Eine sexuelle Handlung mit einem Kind kann ein sehr schweres Verbrechen darstellen, unter dessen Folgen das Opfer ein Leben lang zu leiden hat. Mit der Erhöhung des Strafmasses im Artikel 187 StGB auf bis zu zehn Jahre haben die Gerichte den nötigen Spielraum, auch in schweren Fällen, in denen aber kein anderer, mit höherem Strafmass bedrohter Tatbestand erfüllt ist, eine angemessen hohe Strafe auszusprechen.

Kurzempfehlungen Ständerat

23.3673 25.09.2023

Mo. Müller: Finanzierung von Dolmetsch-Kosten im Gesundheitswesen

Jedes Kind hat das Recht auf die bestmögliche Gesundheit (Art. 24 KRK). Eine effektive Beteiligung von Kindern an ihrer medizinischen Versorgung setzt eine einheitliche Regelung und Finanzierung von Dolmetschdiensten voraus.

Kinderschutz Schweiz empfiehlt, die Motion anzunehmen.

Sowohl im Bundes- als auch im internationalen Recht ist das Recht auf Gesundheit als Grundrecht verankert, das jedem Menschen und insbesondere Kindern die für ihre Gesundheit notwendige Versorgung garantiert (Art. 24 KRK). Dazu braucht es zwingend ein umfassendes Verständnis der Diagnose und der Therapieempfehlungen. Es ist erwiesen, dass eine schlechte Kommunikation zwischen Patientin oder Patient und Ärzteschaft eine gute medizinische Versorgung behindert und gar negative Auswirkungen haben kann. Kinder oder ihre Eltern müssen jeder sie betreffenden Behandlung in Kenntnis der Sachlage zustimmen können und Zugang zu allen Informationen haben, die für das Verständnis ihrer Situation erforderlich sind (Art. 12 KRK). So können die Prävention, der Zugang zur Grundversorgung und die Compliance verbessert, die Behandlungsdauer verkürzt und die damit verbundenen Kosten gesenkt werden. Kinder profitieren auf diese Weise auch von einem besseren Schutz ihrer körperlichen Unversehrtheit. Der Zugang und die Kostenübernahme für Dolmetschdienste müssen daher auf Bundesebene sowohl für den stationären als auch den ambulanten Bereich gesichert und einheitlich geregelt werden.
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